<![CDATA[Tennismentaltraining.ch - Blog: Inside WTA und ATP]]>Thu, 01 Apr 2021 02:18:54 +0200Weebly<![CDATA[Aslan karatsev: Aus dem nichts in die weltspitze]]>Tue, 30 Mar 2021 10:03:51 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/aslan-karatsev-aus-dem-nichts-in-die-weltspitzeDie bemerkenswerteste Geschichte der bisherigen Saison schreibt wohl der 27-jährige Russe Aslan Karatsev, der wohl nur absoluten Insidern vor dieser Saison bekannt war. Karatsev figuriert seit Ende 2011 in der ATP-Weltrangliste. Im Frühling 2015 erreicht er immerhin die Position 153, bevor er in den darauffolgenden Jahren weit zurückfällt. Zu Beginn des Jahres 2020 steht er auf Position 292, dann folgt der monatelange Turnier-Stopp aufgrund der Corona-Pandemie. Im Spätsommer finden die ersten Turniere wieder statt und irgendwie muss sich bei Aslan Karatsev während dieser unfreiwilligen Pause etwas verändert haben. Nacheinander gewinnt er die Challenger-Turniere in Prag und Ostrava. Bis Jahresende nähert er sich den Top 100, was ihm die Starterlaubnis für die Qualifikation zu den Australian Open einbringt. 
Mit drei deutlichen Siegen qualifiziert er sich erstmals in seiner Karriere für das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. So richtig aufmerksam wird die Tenniswelt jedoch erst, als er in Runde 3 die Turniernummer 9, Diego Schwartzman, in drei klaren Sätzen aus dem Turnier wirft.

​Wer ist denn dieser Spieler, der sich plötzlich ins Rampenlicht spielt?

Der Erfolg über Schwartzman kommt auch für Karatsev selbst ziemlich überraschend:
«Eigentlich war ich schon zufrieden, dass ich mich fürs Hauptfeld qualifiziert habe. Und nun spiele ich sehr gutes Tennis». 
Doch dann spricht er im Siegerinterview auch darüber, was sich denn bei ihm verändert hat und wie er sich diese Erfolge erklären kann:
«Die Trainer haben immer wieder gesagt, dass alles Kopfsache sei. Das sagt man so einfach. Aber wie man es macht, das ist das Schwierige.»
Mit Jahor Jatsik habe er nun einen Trainer, der ihn in diesem Bereich weitergebracht hat.

Damit spricht Karatsev etwas ganz Wesentliches an. So ziemlich allen, welche sich näher mit Tennis beschäftigen ist durchaus bewusst, dass der Kopf ein Schlüsselelement ist, um die Leistung auf den Platz zu bringen. Doch wie arbeitet man genau mental? Wie lässt sich bspw. die Konzentration trainieren, das Selbstvertrauen nachhaltig stärken, die Emotionen besser unter Kontrolle bringen? 


Einmal in Fahrt ist Karatsev auch danach nicht aufzuhalten. Im Achtelfinale schlägt er das kanadische Supertalent Felix Auger-Aliassime nach 0:2 Satzrückstand, was seine Kämpferqualitäten unterstreicht. Im Viertelfinale bezwingt er Grigor Dimitrov, der ab Satz 3 handicapiert ist. Es braucht im Halbfinale schon keinen Geringeren als Novak Djokovic um den unglaublichen Lauf von Karatsev zu stoppen. Noch nie zuvor hatte ein Grand-Slam-Debütant gleich das Halbfinale erreicht; zuletzt war es im Jahre 2000 passiert, dass ein Qualifikant sich bis ins Halbfinale vorspielte.

​Ein "One-Tournament-Wonder"? - Diese Frage beantwortet Aslan Karatsev einige Woche später beim ATP 500-Turnier in Dubai. Nach Siegen u.a. über Yannik Sinner, Andrey Rublev und im Finale über Lloyd Harris holt sich Karatsev seinen ersten Titel auf ATP-Stufe. Nach diesem Turnier steht er bereits auf Position 27 der Weltrangliste - ein unheimlicher Aufstieg im ziemlich reifen Tennis-Alter...

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<![CDATA[ATP Finals 2020: Mental aufgeholt?]]>Mon, 30 Nov 2020 14:12:26 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/atp-finals-2020-mental-aufgeholtVorläufig zum letzten Mal wurden die ATP Finals in der Londoner O2-Arena ausgetragen. Und auch wenn der Event ohne Zuschauer über die Bühne gehen musste, brachte das Abschlussturnier herausragendes Tennis. Bereits in der Gruppenphase gab es packende und dramatische Spiele zu sehen, um die vier Halbfinalisten zu ermitteln.. In den Halbfinals kam es dann zu den Begegnungen zwischen Dominik Thiem und Novak Djokovic, sowie zwischen Daniil Medwedew und Raphael Nadal. Es winkte abermals ein grosses Finale zwischen Djokovic und Nadal...
Doch es sollte anders kommen. Nach zwei hochspannenden Halbfinals setzten sich nicht die beiden Routiniers durch. Es waren Thiem und Medwedew, welche in der entscheidenden Phase kühlen Kopf behielten und ihr bestes Tennis abrufen konnten. Dominic Thiem lag im entscheidenden Tie-Break des 3. Satzes mit 0:4 zurück, konnte dann jedoch 6 Punkte in Serie für sich verbuchen und das Tie-Break letztlich mit 7:5 für sich entscheiden. Medwedew verlor gegen Nadal den Startsatz, konnte den zweiten im Tie-Break knapp für sich entscheiden und war dann im 3. Satz der überlegene Spieler. 

Schon seit etlichen Jahren wird von der "next generation" gesprochen, welche das Ruder übernehmen und Djokovic, Nadal und Federer an der Spitze ablösen würde. Doch bei den Grossturnieren zeigte sich dann jeweils ein anderes Bild. Am Schluss des Turniers stemmte jeweils einer der "Big Three" die Trophäe in die Höhe. Die Top-Spieler der "Next Generation" deuteten zwar das Potential immer wieder an, doch es fehlte im mentalen Bereich, um den letzten Schritt zu gehen. Zwar gewann Dominic Thiem kürzlich in New York sein erstes Grand-Slam-Turnier, doch Djokovic wurde disqualifiziert, Nadal und Federer waren gar nicht erst am Start.

Tennisgrössen der Vergangenheit wie John McEnroe und Boris Becker kritisierten gar die Einstellung der jüngeren Spieler. Sie seien zu bequem, zu wenig ambitioniert. Es fehle an Leidenschaft für den Sport, so die Vorwürfe.

Die kommende Saison darf mit grosser Spannung erwartet werden. Haben die jüngeren Spieler wie die beiden Finalisten mental aufgeholt, wie es in den Tagen in London den Anschein hatte oder war es nur eine Momentaufnahme und keine nachhaltige Veränderung?

In einem hochstehenden Finale setzte sich letztlich Daniil Medwedew mit 4:6, 7:6 und 6:4 durch und feierte damit seinen bisher grössten Erfolg. 
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<![CDATA[French open 2020: Und jährlich grüsst...]]>Wed, 14 Oct 2020 07:59:05 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/french-open-2020-und-jaehrlich-gruesstRafael Nadal als Turniersieger! Doch war es dieses Jahr so "selbstverständlich" wie auch schon? Viele Experten meinten vor dem Turnier, dass es für Nadal ganz schwer werden würde. Die Verlegung in den Herbst verbunden mit kälteren Temperaturen, die kurze Vorbereitungszeit auf Sand mit gerade einmal einem Vorbereitungsturnier in Rom, die fehlende Matchpraxis insgesamt, da er auf die US Open verzichtet hatte und zudem betonte Nadal selbst, dass ihm auch die neuen Bälle, welche dieses Jahr zum Einsatz kamen, gar nicht liegen würden...
Nun, all diese Bedenken entpuppten sich nur als kleine Hindernisse für den Überflieger auf Sand. Am Ende triumphierte Nadal magistral mit einer grandiosen Leistung im Finale gegen Novak Djokovic. Keinen einzigen Satz musste er im gesamten Turnierverlauf abgeben und gewann somit die French Open zum 13. Mal - was für eine Dominanz in Roland Garros, seit er im Jahre 2005 das Turnier zum ersten Mal gewann. Am Ende überstrahlte Nadal alles, doch für Aufsehen sorgte auch ein 20-jähriger Franzose, der mit einer Wild-Card ins Turnier startete und erst sein 2. Grand-Slam-Turnier spielte. In Runde 3 bezwang Hugo Gaston, in der Weltrangliste an Position 239 geführt, Stan Wawrinka in fünf Sätzen und brillierte mit variantenreichem Tennis. Immer wieder streute er auch Drop-Shots ein. Im Achtelfinale gegen Dominic Thiem ein ähnliches Bild. Er forderte dem frisch gebackenen US-Open-Sieger alles ab und verlor nur knapp in fünf Sätzen. Am Schluss zeigte die Statistik die unglaubliche Zahl von 58 Stoppbällen. In 40 Fällen mit anschliessendem Punktgewinn. 
Ganz anders einmal mehr die Situation im Damen-Einzel. Als Topfavoritin angetreten war Simona Halep, doch das Feld war weit offen, der Favoritenkreis entsprechend gross. Schon früh verabschiedeten sich einige der Topgesetzten. Simona Halep machte dagegen einen sehr souveränen Eindruck und untermauerte ihre Ambitionen - bis zum Achtelfinale...

Dort traf sie auf die 19-jährige Polin Iga Swiatek. Eine klare Sache? In der Tat, doch erstaunlicherweise nicht zu Gunsten von Halep. Vielmehr war es die junge Polin, welche die Partie von Anfang an dominierte und mit 6:1 und 6:2 gewann. Ein Paukenschlag und für alle Beobachter war klar: Iga Swiatek hat das Potential, um bereits hier den ganz grossen Wurf zu landen. Sie spielt variabel, nimmt die Bälle äusserst früh und diktiert auf diese Weise fast immer die Ballwechsel. Gleichzeitig wirkt sie ruhig und selbstbewusst. Es erinnert stark an die Auftritte von Bianca Andreescu, welche letztes Jahr die Aufsteigerin der Saison war und die US Open gewinnen konnte. Der Eindruck täuscht nicht - wie Andreescu hat sich auch Iga Swiatek bereits in jungen Jahren mit dem mentalen Bereich auseinandergesetzt und gezielt daran gearbeitet. Ihre Mental-Trainerin, eine ehemalige Profi-Seglerin, ist auch in Paris anwesend und wird von ihr bei der Siegerehrung explizit erwähnt. Neben ihrem Vater habe sie einen grossen Anteil am Erfolg und habe auch vor dem Finale das richtige Rezept gefunden.

"Verinnerliche deine Routinen und wende sie an, ändere wenig in den Abläufen auf dem Platz und gehe in dieses Match wie in ein ganz normales Erstrundenspiel"

Finale? Ja, denn Swiatek liess sich nach dem Coup gegen Halep nicht mehr aufhalten. Sowohl das Viertelfinale als auch das Halbfinale waren klare Angelegenheiten und auch ihre Finalgegnerin, Sofia Kenin, welche zu Beginn des Jahres die Australian Open gewinnen konnte, war letztlich chancenlos. Wie Nadal verlor auch Swiatek keinen einzigen Satz, nicht einmal einen "Long-Set" musste sie spielen. Noch fast als "No-Name" ins Turnier gestiegen, grüsste sie zwei Wochen später als Turniersiegerin und zeigte erst bei der Siegerehrung auf ganz sympathische Weise ihre Unerfahrenheit. 
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<![CDATA[US Open 2020: Ein denkwürdiges Turnier]]>Thu, 17 Sep 2020 12:33:58 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/us-open-2020-ein-denkwuerdiges-turnierDie US Open 2020 werden sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben. Nicht unbedingt wegen des Sports, den es während den zwei Wochen zu sehen gab, sondern in erster Linie angesichts der ganzen Umstände und den Ereignissen, welche sich in New York abspielten.

Aufgrund der Corona-Pandemie stand der Profi-Tennissport lange komplett still, erst anfangs August wurden wieder erste Turniere durchgeführt. Ob die US Open durchgeführt werden könnten, war fast bis zuletzt höchst ungewiss und so gab es im Vorfeld des Turniers auch etliche Absagen von Topspielerinnen und -spielern.
Doch schliesslich wurde tatsächlich aufgeschlagen, unter rigorosen Schutzvorkehrungen und leeren Rängen...
Die erste Hiobsbotschaft sollte nicht lange auf sich warten. Der Franzose Benoit Paire wurde einen Tag vor dem Turnierstart positiv auf Covid-19 getestet und folglich ausgeschlossen. 

Nach ihrem unglücklichen Ausscheiden in der 2. Runde des Damen-Einzelbewerbs, übte Kristina Mladenovic heftige Kritik an den Organisatoren:
"Was sie uns hier durchmachen lassen, ist abscheulich. Ich möchte meine Freiheit zurück. Ich habe den Eindruck, dass wir Gefangene sind."

Doch es sollte noch schlimmer für die Französin kommen. Zusammen mit ihrer Doppelpartnerin Timea Babos an Nummer 1 gesetzt, wurde das Duo vor ihrer 2. Rundenpartie vom Turnier ausgeschlossen, da Kristina Mladenovic Kontakt zu Benoit Paire hatte. Dies obwohl ihre Tests allesamt negativ ausfielen. Dies wirft ganz zentrale Fragen auf: Darf in einer Einzelsportart jemand ausgeschlossen werden ohne dem Vorliegen eines positiven Tests?

Doch der grösste Schock folgte am 6. September. Die Turniernummer 1, Novak Djokovic, wurde Ende des ersten Satzes in seinem Achtelfinale gegen den Spanier Pablo Carrena Busto disqualifiziert...
Was war passiert? Aus Verärgerung über den Aufschlagsverlust zum 5:6 spielte Djokovic einen Ball nach hinten und traf dabei unabsichtlich und ganz unglücklich eine Linienrichterin an deren Kehlkopf, worauf diese auf den Boden stürzte und nach Luft rang. Geschockt von seinem Faux-Pas eilte Djokovic zu Hilfe und bald ging es der Linienrichtern wieder besser. Doch der Schaden war angerichtet - nach minutenlanger Diskussion blieb dem Schiedsrichter gemäss Regelwerk nichts anderes übrig als den Turnierfavoriten zu disqualifizieren.
So unglücklich das Ganze gelaufen ist, geht es grundsätzlich darum, wie man mit seinen Emotionen umgehen sollte und da sind viele Tennis-Profis kein gutes Vorbild: Rackets werden auf den Boden geschmettert, teils ganz zerstört, Bälle weggedroschen. Wir Tennisspielenden wissen es selbst aus eigener Erfahrung: Es kann sehr frustrierend sein, wenn es im Wettkampf nicht läuft, wenn Fehler passieren, die nicht sein sollten. Enttäuschung, Ärger sind menschlich und Wegbegleiter, doch gilt es einen Weg zu finden mit diesen Emotionen umzugehen, damit man zum einen den Ärger abstreifen und wieder positiv und konzentriert die Partie fortsetzen kann und zum andern zu gewährleisten, dass durch unbedachte Aktionen niemand zu Schaden kommt. Es ist erstaunlich, dass Novak Djokovic, ansonsten ein Sinnbild für mentale Stärke, seine Handlungen nicht besser kontrollieren kann, wenn er verärgert und frustriert ist. Von etwas können wir jedoch ausgehen: Djokovic wird daraus lernen!

Naomi Osaka und Dominic Thiem gewannen schliesslich die Einzelkonkurrenzen. Über das ganze Turnier gesehen absolut verdient, doch im Finale gab es bei den beiden eine erstaunliche Parallele. Sowohl Osaka als auch Thiem wirkten zu Beginn ihrer Finalpartien völlig blockiert. Beide verloren den Startsatz deutlich und kamen dann im Laufe der Partie immer besser ins Spiel. Doch Dominic Thiem benötigte für die Wende auch reichlich Mithilfe von Alexander Zverev. Letztlich standen bei dem jungen Deutschen, der erstmals im Finale eines Grand-Slam-Turniers stand, 15, zum Teil sehr klägliche Doppelfehler auf dem Konto.
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<![CDATA[Tennis-training wÄhrend der ausserordentlichen lage]]>Sun, 22 Mar 2020 15:09:35 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/tennis-training-waehrend-der-ausserordentlichen-lageAuch in Zeiten der ausserordentlichen Lage, welche vom Bundesrat am 16. März ausgerufen wurde, und geschlossener Tennisplätze können wir doch vieles tun, welches für unser Tennis von grossem Nutzen sein kann. So haben wir gar die Möglichkeit uns weiterzuentwickeln in Bereichen, welchen wir bisher vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. Angenommen, Du hast bisher zweimal pro Woche an bestimmten Zeiten Tennis gespielt. Warum nicht diese Zeiten beibehalten für eine etwas andere Form des "Tennistrainings"? Wie wäre es, diese Termine gleich in der plötzlich ziemlich leer gewordenen Agenda zu fixieren?
​Nachfolgend findest Du einige Möglichkeiten, um Dich im physischen, taktischen und mentalen Bereich fit zu halten und weiterzuentwickeln:

Physisches Training
Ganz generell ist es für unsere Gesundheit enorm wichtig, dass wir genügend Bewegung haben. Ansonsten könnten die vom Bund getroffenen Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung verheerende Folgen für die Volksgesundheit haben. Also weg von der Couch und los geht es mit dem individuellen Fitnesstraining in den eigenen vier Wänden, auf dem Balkon, im Garten oder bspw. im nahegelegenen Wald.

Möglichkeiten gibt es unzählige, verstaubte Therabänder, Hanteln oder Springseile können nun reaktiviert werden ;-):
  • Gymnastikübungen für die Beweglichkeit,
  • Kräftigungsübungen 
  • Yogaübungen
  • Springseilen
  • Ausdauertraining durch Jogging oder Walking in der Natur
  • Fetzige Musik auflegen und einfach lostanzen

​Oder wie wäre es gleich mit einer 20-minütigen Zumba-Session?

​Taktisches Training

Wenn es um taktisches Gespür und Spielintelligenz geht, kommt man an Martina Hingis und Brad Gilbert kaum vorbei. Beide waren Meister auf diesem Gebiet. Das weit bekannte Buch von Brad Gilbert "Winning Ugly"  ist in erster Linie ein Buch für den taktischen Bereich und wäre eine empfehlenswerte und auch sehr unterhaltsame Lektüre.

Taktisches Geschick zeigt sich insbesondere darin, dass man es schafft die eigenen Stärken einzusetzen und die Schwächen des Gegners erkennt und auszunutzen vermag. 
So hatte Gilbert eine sehr genaue Strategie, wenn er gegen Boris Becker spielte und damit vielfach Erfolg gegen einen Gegner, der auf dem Papier wesentlich stärker einzustufen war:

Meine Strategie gegen Becker:
  • Die Quote beim ersten Aufschlag verbessern. Nicht versuchen, Asse oder Service-Winner zu schlagen. Vermeide den zweiten Aufschlag.
  • Regelmässig auf die Vorhand aufschlagen. Auf kurze Cross-Returns achten. Die Linie entlang angreifen. Vorrücken ans Netz.
  • Versuchen, Fehler von seiner Vorhand zu provozieren. Das Spiel langsam machen. Wiederhole: langsam.
  • Nicht versuchen, viel aus dem Return zu machen. Den Aufschlag zurückbringen. Ihn zwingen, einen weiteren Schlag zu machen.
  • Um jeden Punkt kämpfen. Einsatz zeigen. Er wird ungeduldig.
  • Lass Dich nicht von ihm beeindrucken. Lass ihn so hart schlagen, wie er will. Aber: Er soll immer wieder schlagen müssen. Immer versuchen, ihn zu einem weiteren Schlag zu zwingen.
  • Boris ist schnell mal frustriert, wenn es nicht läuft. Sorg dafür, dass er länger braucht, als er möchte. Wenn er anfängt, auf deutsch zu schimpfen, wankt er.
(Aus Brad Gilbert/Steve Jamison: Winning Ugly, Seite 23)

Nun bist Du an der Reihe. Wähle jemanden, dessen Spiel Du gut kennst und überleg Dir eine Strategie, wie Du in einem richtigen Match gegen diese Person spielen möchtest.. Mach Dir einige Notizen dazu, wie im obigen Beispiel. 

Martina Hingis ihrerseits wurde öfters als Schachspielerin auf dem Tennisplatz bezeichnet. Ihre taktische Brillianz war hauptverantwortlich dafür, dass sie die Nummer 1 im Einzel und Doppel wurde. 
Das nachfolgende Video aus dem Jahre 2002 zeigt das Halbfinale bei den Australian Open zwischen Monica Seles und Martina Hingis und ist ein sehr eindrückliches Beispiel dafür, wie Hingis das Spiel lesen kann, meist die richtige Schlagwahl trifft und geschickt variiert. Und dies gegen eine Gegnerin, welche enormen Druck ausübt.

Mentales Training

A. Die Vorstellungskraft nutzen
Gezieltes Visualisieren ist eine der wirksamsten mentalen Techniken überhaupt und ist mittlerweile im Spitzensport weit verbreitet. Und was im Spitzensport leistungsfördernd ist, wirkt selbstverständlich auch im Breitensport. Wichtig ist, dass Visualisierungen möglichst in einem entspannten Zustand gemacht werden sollten. Danach gilt es sich etwas Bestimmtes möglichst lebendig vorzustellen: Das kann ein bestimmter Schlag sein, wie man sich in einer bestimmten Situation verhalten möchte (ich bleibe bei Matchball ruhig und ganz in der Gegenwart und sehe mich, wie ich den Matchball verwerte), usw.

Übung: Du stellst Dir abwechslungsweise einen gelungenen ersten und zweite Aufschlag vor. Mach Dich zunächst mit der Umgebung vertraut. Wie sieht der Eingangsbereich aus? Stell Dir dann vor, wie Du den Platz betrittst, Dein Racket auspackst und Dich für einige Minuten einspielst. Dann schreitest Du zur Grundlinie und stellst Dir den Aufschlag möglichst lebendig vor, inkl. Aufschlagsritual (falls Du eines hast). Deine Auftaktbewegung mit Ballwurf und Hochnehmen des Rackets, den Schlägerkopf nach unten fall lassen und anschliessende Beschleunigung zum Treffpunkt bis zum Ausschwingen. Versuch dabei möglichst Deine Körperspannung zu fühlen und auch den "Ton" wahrzunehmen, wenn Du den Ball optimal triffst. Den ganzen Film in Zeitlupe ablaufen lassen, bis schliesslich der Ball platziert im Aufschlagsfeld landet. Versuche dabei bewusst die Unterschiede zwischen erstem und zweitem Aufschlag in die Visualisierung einzubauen.

B. Verbesserung der Konzentration
Gutes Tennis ist auch eine Sache der Konzentration. Es gilt ganz im Hier und Jetzt zu sein und den richtigen Fokus zu finden. Alles andere gilt es auszublenden.

Deshalb zwei kleine Übungen:zur Verbesserung Deiner Konzentration:

1. Stell Dich vor ein Fenster und mach Dir zunächst ein Bild von der ganzen Umgebung. Wähle dann bitte ein bestimmtes Objekt aus, bspw. einen Baum. Anschliessend während drei Minuten Deine ganze Wahrnehmung auf Dein ausgewähltes Objekt richten. Schau Dir das Objekt ganz genau an, Wenn Du bemerkst, dass Deine Gedanken abschweifen oder sich Dein Blick etwas anderem zuwendet, einfach wieder auf Dein Wahlobjekt ausrichten. Solltest Du die Übung während den nächsten 10 Tagen einmal täglich ausführen, wirst Du mit grosser Wahrscheinlichkeit stetige Fortschritte erzielen im Sinne, dass es Dir immer einfacher fällt Deine volle Aufmerksamkeit auf das Objekt auszurichten.

2. Mach es Dir bequem, entweder sitzend oder liegend und atme einige Male tief ein und aus. Danach stellst Du Dir eine Wandtafel vor, um anschliessend das ganze Alphabet in Grossbuchstaben darauf zu notieren. Bitte aber nicht in windeseile, sondern fein säuberlich, sodass es auch die Anderen lesen könnten. Nimm Dir für jeden Buchstaben einige Sekunden Zeit, nachdem Du ihn gedanklich auf die Tafel geschrieben hast, um ihn ganz gross und deutlich vor Deinem geistigen Auge zu sehen. Falls Du abgelenkt werden solltest durch irgendwelche Gedanken, einfach wieder zur Aufgabe zurückkehren und fortfahren bis Du bei Z angelangt bist - Z wie Ziel erreicht :-). 
Jeden zweiten Tag erweitern wir die Übung, um auch unmittelbar für unser Gemüt etwas Positives zu tun. Überleg Dir für jeden Buchstaben einen Namen, einen Begriff, etc, den Du automatisch mit etwas Positivem in Verbindung bringst. Wenn Du bei "L" angekommen bist, also bspw.: Lorena, Liebe, lachen, Liverpool, lesen, Luft, Lasagne, Lob, Leben, leicht. Jeweils einen Begriff pro Buchstaben und auf einem Blatt notieren. Wenn Du diese Übung über einige Zeit machst, wirst Du also für jeden Buchstaben eine gewisse Anzahl an Einträgen gemacht haben - gewissermassen im Sinne einer "Glücks-Assoziations-Liste"

C. Boost für das Selbstvertrauen
Nun reisen wir in die Vergangenheit. Es geht darum sich an eine Partie zu erinnern, wo Du sagen würdest: "Ja, da habe ich richtig gutes Tennis gespielt und mein Potential ausgeschöpft." Falls Du keine Wettkampfsituation findest, kann es auch eine Trainingspartie sein. Wenn Du eine Partie gefunden hast, versuche Dich möglichst genau zu erinnern: Was gelang besonders gut? Wie fühlte es sich an? Wie war Deine mentale Verfassung? Wie waren die Voraussetzungen? Mach Dir einige Notizen dazu, auf welche Du jederzeit zurückgreifen kannst. Diese Erinnerung sollte Dein Vertrauen in Deine tennisspezifischen Fähigkeiten stärken. Das Bewusstsein ist auf eine positive Erinnerung, mit positiven Bildern gerichtet. Allzu oft sind wir nur mit dem beschäftigt, was nicht funktioniert und mit unseren Fehlern. Mentales Training hat insbesondere auch mit Bewusstseins-Training und mit Bewusstseins-Steuerung zu tun. 
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<![CDATA[US Open: Herren-Einzel]]>Tue, 10 Sep 2019 10:02:33 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/us-open-herren-einzelBei den Herren präsentierte sich die Ausgangslage vor dem Turnier weit weniger offen. Die "Grossen Drei" Djokovic, Nadal und Federer galten einmal mehr als die Turnierfavoriten, einige der jungen Garde kämpften dagegen zuletzt mit Problemen auf und nebem dem Tennisplatz. So ist Alexander Zverev seit Monaten ausser Form, befindet sich in einem Rechtsstreit mit seinem einstigen Manager und kündigte kürzlich die Zusammenarbeit mit seinem Startrainer, Ivan Lendl. Stefanos Tsitsipas befindet sich seit Wochen auf Formsuche und Nick Kyrgios sammelt weiter fleissig Punkte für die Eskapaden-Wertung. Einzig Daniil Medvedev traute man aus der Reihe der sogenannten "Next-Generation" einen Exploit zu.
Gleich in Runde 1 verabschiedeten sich von den Top 10-Spielern Dominic Thiem, Stefanos Tsitsipas und Roberte Bautista Agut. Novak Djokovic orientierte an der Pressekonferenz über Schulterprobleme, welche ihn seit einigen Wochen begleiten würden. Ab Runde 3 steht dann Daniil Medvedev im Fokus. Der ansonsten ruhig und besonnen auftretende Russe legt sich mit dem Publikum an, zeigt diesem gar den Mittelfinger und meint beim Siegerinterview höhnisch: 

"Danke euch allen. Eure Energie hat mir den Sieg gebracht." 

Im Achtelfinale gegen den Deutschen Dominik Koepfer ein ähnliches Bild. Zudem wirkt Medvedev stark angeschlagen und sagt dann auch nach gewonnener Partie, dass er nach verlorenem Startsatz ans Aufgeben gedacht hätte. Doch die Unterstützung durch das Publikum ;-) hätte ihm neue Kräfte verliehen. Aufgeben muss dafür ein ganz Grosser: Novak Djokovic wirft das Handtuch, nachdem er gegen Stan Wawrinka die ersten beiden Sätze abgeben muss. Zu gross das Handicap der lädierten Schulter. Für Wawrinka geht es dafür überraschend weiter - es wartet ausgerechnet Medvedev...

Schnell merkt man, dass bei Medvedev physisch etwas nicht in Ordnung ist. Er stellt sein Spiel um, spielt mit viel Risiko, jede Gelegenheit suchend, die Ballwechsel möglichst kurz zu halten. In diesen Phasen wird erst ersichtlich, wie komplett er als Spieler ist. Und tatsächlich: Trotz Beschwerden gewinnt er irgendwie Satz 1 im Tie-Break. Für Stan ein Spiel der verpassten Chancen und seinerseits wirkt er gehemmt. Als Wawrinka auf 1:2 in den Sätzen verkürzen kann, keimt nochmals Hoffnung bei ihm und dem Publikum auf. Doch in Satz 4 bewegt sich Medvedev plötzlich wieder deutlich besser und dominiert klar. Im Anschluss sagt er, dass er sich im allerersten Game eine (neue) Verletzung zugezogen hätte. Erst in Satz 4 hätten die Schmerzmittel dann zu wirken begonnen.

Eine faustdicke Überraschung ereignet sich dann im zweiten Viertelfinale mit Schweizer Beteiligung. Nachdem Roger Federer in den ersten beiden Partien noch mit Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte, agierte er in Runde 3 und im Achtelfinale gegen David Goffin unwiederstehlich. Gegen Grigor Dimitrov, der bis anhin eine desaströse Saison 2019 spielte, war er haushoher Favorit. Federers 5-Satz-Niederlage kam wohl für alle völlig unerwartet.

In der anderen Tableauhälfte war es fast schon ein Schaulaufen für Rafael Nadal. Mit einem einzigen Satzverlust qualifizierte er sich souverän für das Finale, wo Medvedev wartete, der im Halbfinale gegen Dimitrov keine grösseren Probleme hatte und physisch wieder einen besseren Eindruck machte. Zudem hatte er sich unterdessen mit dem Publikum versöhnt, nachdem er eingeräumt hatte, dass sein Verhalten nicht ganz in Ordnung war und Besserung versprach.

Das Finale sollte schliesslich ein krönender Abschluss werden. Nachdem Nadal die ersten beiden Sätze (Satz 1 war eng, in Satz 2 ungefährdet) für sich entscheiden konnte, deutete alles auf einen klaren 3-Satz-Erfolg des Spaniers hin. Doch wie in den Runden zuvor zeigte Medvedev seine kämpferischen Qualitäten, variierte geschickt und kam immer besser ins Spiel. Erst nach einem epischen Kampf und fast fünfstündiger Spielzeit hatte es Nadal geschafft - sein 19. GS-Titel. Voller Respekt äusserte er sich gegenüber seinem Kontrahenten:

"Wie er gekämpft und den Rhythmus des Spiels verändert hat, war wahnsinnig."

Und um für die ausdauernden Leserinnen und Leser endlich aufzulösen, was es auf sich hat, dass Rafael Nadal bereits in jungen Jahren das Geheimnis des Visualisierens für sich entdeckte. In seiner Biographie "Rafa: Mein Weg an die Spitze" ist zu lesen:

"Meine Konzentration richtet sich ausschliesslich auf das bevorstehende Match, wie damals vor einem wichtigen Fussballspiel. Vor meinem geistigen Auge stellte ich mir das Spiel vor, die Tore und die Pässe, die ich schiessen würde."
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<![CDATA[US OPen 2019: Träume können wahr werden...]]>Mon, 09 Sep 2019 14:49:09 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/us-open-2019-traeume-koennen-wahr-werdenDie US Open in New York bilden jeweils den Abschluss der Grand-Slam-Turniere eines Kalenderjahres und gelten als das lauteste Tennis-Turnier der Welt. Welch ein Unterschied zur ruhigen, fast schon mystischen Atmosphäre in Wimbledon.
Damen-Einzel:
Wie zuletzt stets der Fall gibt es keine klare Turnierfavoritin. Mindestens 15 - 20 Spielerinnen können sich Chancen auf den Turniersieg ausrechnen. Derart gering sind zum einen die Leistungsunterschiede, zum andern gelingt es fast keiner Topspielerin konstant auf hohem Niveau zu spielen. Diese Tendenz wird auch während des Turniers bald ersichtlich. Simona Halep, triumphale Gewinnerin in Wimbledon, scheitert bereits in Runde 2 an einer amerikanischen Qualifikantin. Ashley Barty, siegreich bei den French Open, erwischt es im Achtelfinale. Ebenso die Vorjahressiegerin und Weltranglisten-Erste Naomi Osaka, welche gegen Belinda Bencic die Segel streichen muss. Belinda ihrerseits hatte im Vorfeld des Turniers mit Fussproblemen zu kämpfen. Doch nach harzigem Start kommt sie immer besser in Schwung und qualifiziert sich erstmals in ihrer Karriere für ein Halbfinale bei einem GS-Turnier. Im Halbfinale gegen Bianca Andreescu zeigt sie einen ganz starken ersten Satz bis zum 6:6. Bis zu diesem Spielstand mit Vorteilen schleichen sich dann im Tie-Break jedoch leichte Fehler ein. In Satz 2 führt sie dann mit Doppelbreak und 5:2, bevor die 19-jährige Kanadierin die Wende schafft. Der Traum vom Finale ist geplatzt, doch insgesamt ein starkes Turnier, das weiter Auftrieb geben sollte. 

Warum hat es nicht ganz gereicht? Die Kommentare unter www.srf.ch/sport/tennis/grand-slam-turniere/bitteres-out-im-halbfinal-bencics-traum-vom-final-brutal-geplatzt gehen fast durchwegs in eine Richtung: Wieder einmal sei Belinda an ihren Nerven gescheitert. Sie müsse dringend im mentalen Bereich arbeiten. 

Doch wer Belinda Bencic salopp als mental schwache Spielerin hinstellt, hat ein ausgeprägtes "Schwarz-Weiss-Denken". Insgesamt ist Belinda Bencic mental weit vorne anzusiedeln. Sie ist willensstark, furchtlos, mag die grosse Bühne. Sie ist jedoch auch temperamentvoll. Ihre Emotionen können manchmal hilfreich sein, manchmal jedoch auch leistungshemmend wirken, wenn sie Konzentration und Selbstvertrauen negativ tangieren. Selbstverständlich gibt es somit im mentalen Bereich Verbesserungspotential. Aber bei wem nicht?

Samstag, 7. September: Es kommt zum Finale zwischen der 37-jährigen 23-fachen GS-Siegerin Serena Williams und der 19-jährigen Senkrechtstarterin Bianca Andreescu. Von Beginn an agieren die Beiden mit einem horrenden Tempo. Andreescu ist völlig unbeeindruckt, wirkt selbstbewusst und fokussiert. Serena Williams spielt gut, doch hat von Anfang an grosse Probleme mit ihrem Aufschlag. Nachdem sie im ersten Game 40:15 vorne liegt, verliert sie es doch noch mit zwei Doppelfehlern. Was eine Stärke sein sollte, wird an diesem Tag zum grossen Handicap. Nach einem hochstehenden ersten Satz, den die vermeintliche Aussenseiterin mit 6:3 für sich entscheiden kann, passt bei Serena in Satz 2 lange Zeit nicht mehr viel zusammen. Sie wird zusehends unruhiger und hadert mit ihrem Aufschlag. Bei 1:5 scheint die Partie entschieden zu sein. Andreescu schlägt zum Matchgewinn auf und hat bei 40:30 einen Matchball. In diesem Game agiert Serena plötzlich viel ruhiger, nimmt etwas Tempo raus und spielt nun kontrollierter. Und siehe da, ihr gelingt ein erstes Break, plötzlich kommen auch auf der andern Seite einige leichte Fehler. Die Zuschauer wittern die grosse Wende und plötzlich steht es tatsächlich 5:5. Doch Bianca Andreescu lässt sich nicht mehr von ihrem Weg abbringen, bleibt auch in dieser Phase ruhig und verwandelt schliesslich ihren 3. Matchball.

Wer Bianca Andresscu in dieser Saison verfolgt hat, weiss: Sie bringt alles mit, um über Jahre eine dominierende Spielerin zu werden. Das Potential dazu ist vorhanden, doch warten viele Herausforderungen auf ganz unterschiedlichen Ebenen auf die junge Kanadierin mit rumänischen Wurzeln. Wird sie als "Gejagte" auch derart unbeschwert spielen können? Wird sie weiterhin derart fokussiert weiterarbeiten? Und wird sie einen Weg finden, um möglichst verletzungsfrei zu bleiben? Denn ihre Verletzungsgeschichte ist bereits beängstigend lang. Auch in diesem Jahr musste sie aufgrund von Schulterproblemen monatelang aussetzen.

Und Serena Williams? Es ist eigentlich unglaublich, dass sie mit 37 Jahren und ihrer Biographie noch absolute Weltklasse und immer noch das Mass aller Dinge ist, wenn sie körperlich fit ist und ihr spielerisches Potential auf den Platz bringt. Seit ihrer Rückkehr im Frühjahr 2018 stand sie 4-mal im Finale eines GS-Turniers. Doch die Finalbilanz lautet 0:4 und was besonders auffällt. Bei all diesen 4 Turnieren spielte Williams ein hervorragendes Halbfinale, um dann im Finale nicht mehr annähernd an diese Leistung anknüpfen zu können. Es ist mittlerweile offensichtlich, dass es sich dabei um ein mentales Problem handelt. Es scheint, als ob die ständigen Fragen nach dem 24. Titel belastend wirken und sie sich von der äusseren und eigenen Erwartungshaltung erdrücken lässt, In ihren eigenen Worten drückte sie sich wie folgt aus:

"Um ehrlich zu sein, war Serena heute einfach nicht anwesend. Ich muss einen Weg finden, dass sie in Grand-Slam-Endspielen wieder zum Vorschein kommt."
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<![CDATA[French Open Halbfinale Barty vs. Anisimova]]>Mon, 10 Jun 2019 10:14:05 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/french-open-halbfinale-barty-vs-anisimovaDas Damen-Halbfinale zwischen Ashleigh Barty und Amanda Anisimova ist ein Beispiel für einen äusserst turbulenten Spielverlauf und für fast schon unerklärliche Ups and Downs. Nach 1h und 53min steht der Finaleinzug von Barty nach einem 6:7, 6:3 und 6:3 Erfolg über die erst 17-jährige US-Amerikanerin fest. Doch was für ein Spielverlauf...
Nach gerade mal 15 Minuten führt Barty mit 5:0 und 40:15 und hat zwei Satzbälle. Sie besticht durch ihr variables Spiel, Anisimova auf der andern Seite wirkt gehemmt und zögerlich. Nichts erinnert bis zu diesem Zeitpunkt an ihre hervorragende Partie tags zuvor gegen die Vorjahressiegerin Simona Halep, als sie mit purer Entschlossenheit agierte. Irgendwie kann Anisimova die Satzbälle abwehren und das erste Game für sich verbuchen - fortan spielt sie wie ausgewechselt auf, währenddem Barty plötzlich von der Rolle ist. Nach 6 Spielerfolgen in Serie führt der Teenager plötzlich mit 6:5, bevor Barty ausgleichen kann. Im Tie-Break führt Barty zunächst mit 4:2, muss dann aber die nächsten 5 Punkte abgeben. Anisimova reckt die Faust nach dem Gewinn des Startsatzes und nimmt den Schwung gleich mit. In Satz 2 geht sie mit 3:0 in Führung, der Finaleinzug rückt näher und näher. Insgesamt gewinnt Anisimova 16! Punkte in Folge. Doch dann der nächste Umschwung. Barty verbucht nun ihrerseits 6 Games in Serie und dreht Satz 2. Der Entscheidungssatz ist dann weniger turbulent. Barty sichert sich den Einzug ins Finale mit einem 6:3, kann jedoch erst ihren 6. Matchball verwerten. 

Nach dem Spiel zeigte sich Barty erfreut und erleichtert zu gleich:
"Es war mental und physisch das härteste Match. Es war brutal da draussen (Anmerkung: die Partie wurde unter ziemlich widrigen, windigen und nasskalten Bedingungen ausgetragen). Ich spielte phasenweise richtig gutes Tennis, phasenweise ziemlich schlechtes Tennis. Ich bin stolz trotz allem weiter gekämpft zu haben und letztlich einen Weg gefunden zu haben, die Partie zu gewinnen, nachdem ich den ersten Satz weggeworfen hatte"
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<![CDATA[French Open 2019: Papierform vs. alles ist mÖglich]]>Mon, 10 Jun 2019 07:52:28 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/french-open-2019-papierform-vs-alles-ist-moeglichDie French Open 2019 gingen am Sonntag, 9. Juni, mi dem Finalsieg von Rafael Nadal zu Ende, der sich, wie im Vorjahr, im Endspiel gegen Dominic Thiem in vier Sätzen und letztlich sehr klar durchsetzte. Nadal bastelt somit weiter an seinem Legendenstatus und holte sich den Titel in Roland Garros bereits zum 12. Mal - eine einmalige Bilanz! Bei den Damen gab es dafür mit der 23-jährigen Ashleigh Barty eine neue Grand-Slam-Siegerin. Die Australierin glänzt mit ihrem variantenreichen Spiel, galt vor dem Turnier jedoch nicht als sehr gute Sandplatzspielerin.
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Foto: Nadja Rietmann (vor Ort bei den French Open 2019)
Wenn wir die Konkurrenzen im Herren-Einzel und Damen-Einzel etwas näher miteinander vergleichen, ist etwas mehr als augenfällig. Während bei den Herren die Top 4 die Halbfinals geschlossen erreichten, verabschiedeten sich bei den Damen die topgesetzten Spielerinnen schon ziemlich früh. Im Halbfinale standen Ashleigh Barty (WTA 8), Johanna Konta (WTA 26), die 19-jährige Marketa Vondrousova (WTA 38) und die erst 17-jährige Amanda Anisimova (WTA 51). Die Britin Konta konnte bei ihren 6 bisherigen Teilnahmen in Paris keine einzige Partie gewinnen. Nun erreichte sie das Halbfinale und spielte im Viertelfinale gegen die Vorjahresfinalistin Sloane Stephens eine herausragende Partie. Belege dafür, dass im Damen-Tennis derzeit fast alles möglich ist, währenddem sich bei den Herren die Stars der Szene weiterhin nicht verdrängen lassen. Schon ziemlich lange wird auf der ATP-Tour von der "next generation" gesprochen, doch am Ende grüssen nach wie vor Rafael Nadal, Novak Djokovic oder Roger Federer mit der Siegestrophäe.

Nadal, Djokovic, Federer: Sie dominieren seit weit über einem Jahrzehnt und verfügen über herausragende spielerische und athletische Fähigkeiten. Doch insbesondere ist es die mentale Stabilität, welche der Schlüsselbereich für all diese Erfolge ist. Wie es einst Rafael Nadal ausdrückte:

"Die mentale Stärke macht alles andere erst möglich."

Mentale Stärke beinhaltet dabei sehr viele Elemente wie Selbstvertrauen, Konzentrationsfähigkeit, Motivation, mit Druck umgehen zu können, etc. Bei dieser Aufzählung gehen häufig Faktoren vergessen, welche ebenfalls zentral sind, um konstant auf einem hohen Niveau spielen zu können: Die Fähigkeit Lösungen zu finden, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, das Spiel den Gegebenheiten anzupassen und bis zuletzt an seine Chance zu glauben. Auch darin sind die drei Meister.

Wenn wir an dieser Stelle einen kurzen Abstecher zum Fussball machen. In der abgelaufenen Champions-League kam es im Halbfinale zur Begegnung zwischen Barcelona und Liverpool. Nach dem 0:3 im Hinspiel war die Ausgangslage vor dem Rückspiel für Liverpool fast hoffnungslos und erschwerend kam hinzu, dass mit Mo Salah und Roberto Firmino zwei Stürmer des gefürchteten Liverpool-Sturm-Dreizack verletzungsbedingt ausfielen. Doch mit einer eindrücklichen Mentalität gelang das "Wunder" an der Anfield-Road tatsächlich. Unter den Zuschauern auch Mo Salah, ein T-Shirt tragend mit der Aufschrift "Never give up"....

Zurück zum Tennis und zu den Damen. Bereits vor den French Open war der Tenor, dass das Turnier sehr offen sei und wohl 20 - 30 Spielerinnen für den Turniersieg in Frage kommen. Und ganz klar: Die Leistungsdichte hat bei den Damen in den letzten Jahren enorm zugenommen. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit, warum es plötzlich so viele verschiedene Siegerinnen gibt, die Nummer 1-Position munter wechselt, eine Spielerin ein Turnier gewinnt und beim nächsten bereits wieder früh ausscheidet. Offensichtlich ist, dass auch die heutigen Topspielerinnen grosse Leistungsschwankungen zeigen. Von Turnier zu Turnier, von Runde zu Runde, manchmal aber auch innerhalb einer einzelnen Partie. (zum Matchbericht Damen-Halbfinale Ashleigh Barty vs. Amanda Anisimova). Und wie können grosse Leistungsschwankungen erklärt werden? Fast immer durch mentale Faktoren! Auch den Topspielerinnen mangelt es an mentaler Stabilität: Die oben angesprochenen Dinge (Anpassungsfähigkeit, Hindernisse zu überwinden, Lösungen zu finden, nicht aufzugeben) sind nicht so ausgeprägt entwickelt wie bspw. bei einem Rafael Nadal. Da gäbe es sehr viel Verbesserungspotential. Wenn bspw. Angelique Kerber (ehemalige Nummer 1 und Gewinnerin von drei Grand-Slam-Turnieren) ihre Standartantwort auf eine unerwartete Niederlage gibt: "Heute war einfach nicht mein Tag", tönt es resignierend und wenig lösungsorientiert.

Doch seit 2009 ist auf der WTA-Tour das "On-Court-Coaching" erlaubt. Einmal pro Satz kann eine Spielerin ihren Coach auf den Platz rufen. Eine Regelung also, welche die Selbständigkeit der Spielerinnen weiter schwächt. Anstatt selbst eine Lösung zu suchen, wenn es nicht so läuft wie gewünscht, wird die Verantwortung abgegeben. Häufig sind es dann Monologe, welche zu sehen sind und man gewinnt öfters den Eindruck, dass die Spielerinnen anschliessend einfach versuchen umzusetzen, was der Coach eingetrichtert hat, anstatt selbst zu spüren, welche Anpassungen auf mentaler oder taktischer Ebene zu treffen sind. Johanna Konta, welche seit Oktober 2018 von Dimitri Zavialoff gecoacht wird, der auch schon mit Stan Wawrinka und Timea Bacsinszky erfolgreich zusammengearbeitet hat, sagte etwas sehr Interessantes an der Pressekonferenz nach ihrem Viertelfinalsieg gegen Stephens:

"Er ist grossartig darin, mich zu meinem Spiel zu ermutigen. Er gibt mir den Freiraum, so zu spielen, wie ich es will."

Wenig überraschend, dass Zavialoff von "On-Court-Coaching" deshalb wenig hält...

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<![CDATA[Erfolgsfaktor Leidenschaft; ANdy Murray Kuendigt Baldiges Karrieren-Ende an]]>Fri, 01 Feb 2019 08:07:40 GMThttp://www.tennismentaltraining.ch/blog-inside-wta-und-atp/erfolgsfaktor-leidenschaft-andy-murray-kuendigt-baldiges-karrieren-ende-anNovak Djokovic heisst der strahlende Sieger bei den Australian Open 2019 nach einer magistralen Leistung und einem überraschend klaren Erfolg im Endspiel über Rafael Nadal - 6:3, 6:2, 6:3 nach nur zweistündiger Spielzeit hiess das klare Verdikt. Schon lange wird im Herren-Tennis über einen Generationenwechsel gesprochen. Die sog. "Generation X" steht bereit für die Ablöse. Doch wenn es dann um die Titel bei den Grand-Slam-Turnieren geht, stehen letzten Endes wieder die gewohnten Namen ganz oben...
Vor fast 16 Jahren, im Sommer 2003, begann die Grand-Slam-Erfolgsgeschichte von Roger Federer, als er in Wimbledon erstmals triumphieren konnte. Rafael Nadals erster Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier datiert aus dem Jahre 2005 mit dem Gewinn der French Open.  Novak Djokovic begann seine Sammlung an GS-Titeln im Januar 2008 mit dem Erfolg bei den Australian Open und schliesslich gesellte sich noch Andy Murray dazu, der zwar bei den GS-Turnieren nicht annähernd so erfolgreich war wie die genannten drei, doch immer wieder aufzeigte, dass er vom Niveau mithalten kann. Die "Grossen Vier" waren geboren und dominierten das Geschehen. Interessant dabei: Die vier spielen sehr unterschiedlich, haben ihren individuellen Spielstil, sind taktisch äusserst clever und haben sich allesamt auf mentaler Ebene enorm weiterentwickelt. Wenn wir den mentalen Bereich etwas näher betrachten, ist ein Element auffallend und die Basis für die lange und äusserst erfolgreiche Karriere, welche auch mit Rückschlägen verbunden war - Die Leidenschaft fürs Spiel!

Genau wie auch im Falle von Serena Williams, ist es imponierend, mit welchem Enthusiasmus, mit welchem Feuer und mit welchem Herz die "grossen Vier" über all die Jahre am Werke waren und immer noch sind, wenn man weiss, wieviel Aufwand und Entbehrungen damit verbunden sind - der Ausdruck "Leidenschaft" trifft es deshalb hervorragend! Es ist die Liebe zum Spiel, der Spass am Wettkampf und die Bereitschaft sich täglich nach wie vor weiterzuentwickeln.

Als Novak Djokovic vor drei Jahren die Australian Open gewann, sprach er anschliessend auf der Pressekonferenz die folgenden Worte aus, welche diese Mentalität perfekt umschreiben:

"Ich will immer besser werden: spielerisch, technisch, aber auch mental."

Doch bei aller Leidenschaft, irgendwann gehen Sportkarrieren zu Ende. Als Andy Murray 2017 in Wimbledon antrat, war bereits ab Runde 1 zu sehen, dass er läuferisch stark handicapiert war und unter grossen Schmerzen spielte. Er quälte sich durch das Turnier, bis es im Viertelfinale gegen Sam Querrey gar nicht mehr ging und er die Sätze 4 und 5 mit jeweils 1:6 abgeben musste. Dies ist die Kehrseite der Leidenschaft. So wichtig sie ist, um an die Spitze zu gelangen, sie kann auch daran hindern, auf die Signale des Körpers zu hören. Es folgte für Andy Murray eine längere Zwangspause, mit einer zunächst konservation Behandlung. Dann folgte eine Hüftoperation. Doch grosse Besserung trat auch danach nicht ein. Die Saison 2018 beendete er vorzeitig, mit dem Ziel bei den Australian Open 2019 wieder ganz fit an den Start gehen zu können. Doch unmittelbar vor dem Turnierbeginn orientierte Andy Murray über seine Situation und sorgte für einen Schock in der Tenniswelt. In der Presse war zu lesen:

"Andy Murray kündigt baldiges Karrierenende an"

Auf jener Pressekonferenz und in seiner 1. Runden-Partie gegen den Spanier Roberto Bautista Agut konnte man nochmals spüren und  sehen, mit wie viel Herz und Hingabe Andy Murray den Tennissport ausübte.
​Dass Andy Murray weit mehr war als ein hervorragender Tennisspieler ist, zeigten die Reaktionen seiner Berufskollegen und -kolleginnen auf seine Ankündigung eindrücklich. Auf dem Platz wahrlich nicht immer ein Vorbild in Sachen Benehmen, galt er ausserhalb des Platzes als humvorvoll, als Spieler, der über den eigenen Tellerrand hinausblickt und sich für andere engagiert. 

​Alles Gute für die Zukunft, Andy Murray! 
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